04. Spieltag 1993/94: FC Berlin - Spandauer SV 1894 3:1

Thiel und Boldt vom Platz
Zwischen den beiden Feldverweisen entschied der FC Berlin das Spiel, bot in diesen 30 Minuten begeisternden, von Leidenschaft geprägten Angriffsfußball, mit dem die eindeutig vorhandenen Schnelligkeitsvorteile nahezu aller Hohenschönhausener spielentscheidend zum Tragen kamen. Da sahen die Spandauer - man möge es dem Chronisten verzeihen - wie eine Altherren-Mannschaft aus, verstand es Niebel zu keinem Zeitpunkt, seiner überforderten Abwehr Haft zu geben. Jürgen Bogs hinterher: "Ich wußte um die Tempoanfälligkeit der Spandauer. Wie wir dies nach dem Führungstor ausgenutzt haben, das gefiel mir." In der Tat sprinteten die Jesse, Schröder, vor allem aber Nikol, der mit Buder über weite Strecken Hase und Igel spielte, zumeist von Brestrich initiiert, in die Tiefe des Raumes, schufen so immer wieder Platz für den beweglichen Pronischew, mit dem Boldt erhebliche Probleme hatte.

Neben den drei Treffern scheiterten Brestrich (29.), Nikol (36./44.) am Aluminium, verhinderte der kalt erwischte Bahra grandios gegen Fensch (18.), Nikol (34.) und Pronischew (43.) weitere FCB-Torerfolge. Erst der zweite, von Schieri Köpp unberechtigt erteilte Platzverweis (als der davonziehende Franke fiel, lag schon lange keine Berührung Boldts mehr vor) beendete alle Herrlichkeit. Trainer Oertwig stellte gezwungenermaßen um, betraute Henklein mit der Position des freien Mannes, der fortan im Spiel eins gegen eins unüberwindbares Hindernis der FC-Spieler war, darüber hinaus glänzend im Raum stehend Abfangjäger und damit Ausgangspunkt einiger fein anzuschauender SSV-Angriffe nach der Pause wurde.

Allerdings machten die Hausherren nun vieles falsch, versuchten immer wieder, durch die Mitte oder im Alleingang zum Erfolg zu kommen. Dennoch: Die Moral der arg gebeutelten Spandauer stimmte. Wie der vorn wenig bewegende Hirsch am eigenen Strafraum grätschte, wie die einzige, unermüdlich bohrende Angriffsspitze Jopek seine Gegner beschäftigte, wie nun auch Niebel als Manndecker gegen Pronischew seine Zweikämpfe gewann, darüber hinaus den ersten Spandauer Saisontreffer markierte, dies sollte Anlaß genug sein, auf bessere Zeiten zu hoffen. Vielleicht wäre es schon gestern etwas geworden, hätte Dittrich nicht zweimal gegen Henklein und Jopek (79.) rettend reagiert.

FC Berlin:
Dittrich; Brestrich; Zöphel, Reckmann; Jesse, Abdelhamid (66. Dahlke), Schröder, Fensch, Nikol, Pronischew (78. Wittek), Franke
Spandauer SV 1894:
Bahra; Niebel; Schilling, Boldt (41. Platzverweis); Buder, Saternus (46. Kretschmer), Henklein, Thiel (14. Platzverweis), Adamovic, Jopek, Hirsch

1:0 Brestrich          (15., Foulstrafstoß)
2:0 Pronischew         (22.)
3:0 Reckmann           (26.)
3:1 Niebel             (69.)

Schiedsrichter:        Köpp (Berlin)
Zuschauer:             351

Harri Ramin, Fußballwoche, 06.09.1993